Aufdecken, Aufklären, Verändern – NSU-Konferenz in Berlin

1622590_10205126516631870_550503972712915311_nAm 08. November 2014 fand die gemeinsame Konferenz der bündnisgrünen Fraktionen von Bundestag und Berliner Abgeordnetenhaus zu den Konsequenzen aus dem NSU-Terror.

Auch die Berliner Polizei war der Einladung gefolgt und mit ihrem Präsidenten Klaus Kandt ebenso vertreten wie Oliver Stepien, Leiter des Berliner Staatsschutzes, der mit den Teilnehmern die notwendigen Veränderungsprozesse beleuchtete.

Vor fast genau drei Jahren wurde bekannt, dass eine rechtsterroristische Gruppe jahrelang unerkannt in Deutschland Banken ausrauben, Anschläge verüben und Menschen ermorden konnte. Es war Rassismus, der die Täter zu ihren entsetzlichen Taten trieb. Bis heute ist es schwer vorstellbar, dass so etwas zu Beginn des 21. Jahrhunderts in unserem weltoffenen Land mitten in Europa passieren kann, dass solch mörderische Gesinnung und Menschenhass in manchen Köpfen weiter existiert. Genau so unfassbar ist und bleibt es, dass die Täter ihre Verbrechen über viele Jahre regelrecht im Untergrund begehen konnten, ohne dass ihnen die Sicherheitsbehörden auf die Spur kamen.

So wurde auf der Konferenz den Fragen nachgegangen, welche Veränderungen beim Berliner Staatsschutz erforderlich sind und wie parlamentarische Initiativen zu echten Konsequenzen für die Sicherheitsbehörden vorangetrieben werden können. Es wurden in mehreren Workshops weitergehende Reformansätze diskutiert, Denkanstöße gegeben, um die Arbeit der Sicherheitsbehörden kritisch-konstruktiv zu begleiten.

In ihrer Eröffnungsrede hob Ramona Pop hervor, dass die Aufklärung der Verbrechen der NSU erste Pflicht gegenüber den vielfach traumarisierten Hinterbliebenen der Opfer ist, aber natürlich auch für die gesamte Gesellschaft, die sich fragt, wie es sein konnte, dass Nazis jahrelang in unserem Land wüten konnten.

Fassungslos erfuhr die Öffentlichkeit, wie dicht teilweise die Sicherheitsbehörden dem Terrortrio und ihrer Unterstützer auf dem Fuße waren, ohne angeblich die Zusammenhänge zu erkennen. Immer mehr Ermittlungspannen und Skandale in den verschiedensten Behörden in Bund und einzelnen Bundesländern kamen ans Licht. Das Versagen in einigen Behörden war so umfassend, dass man die hilflose Erklärung von einer Pannenserie kaum noch glauben mochte und sich der schlimme Verdacht einschlich, dass nicht alles Zufall gewesen sein konnte.

10599450_10154801857475416_4055705172983978562_nIm September 2012 wurden die Verstrickungen der Berliner Behörden in den NSU-Komplex bekannt. Mit seiner Vertrauensperson 562 war auch das Berliner Landeskriminalamt nah dran am Kern der NSU. Diese sog. Vertrauensperson war in den 90er Jahren mit Beate Zschäpe liiert, lieferte der Terrorgruppe später Sprengstoff, half ihnen beim Untertauchen, indem er ihnen Wohnungen und Ausweispapiere besorgte. Außerdem gab dieser dem Berliner LKA sogar fünf Hinweise im Zusammenhang mit dem NSU, einer davon direkt auf die drei Untergetauchten. Dieser Hinweis hat das LKA nie als Information verlassen, denn geschehen ist nichts.

„Uns als Bündnsigrüne ging es bei der Aufklärung auch immer darum, diese Strukturen ans Tageslicht zu befördern und zu beleuchten. Strukturen, die sich von den Sicherheitsbehörden unbemerkt, aber vielleicht auch sehenden Auges oder gar durch das V-Personen-Wesen unterstützt aufbauen konnten. Diese Aufklärung ist aus unserer Sicht bei Weitem noch nicht beendet,“ so Ramona Pop in ihrer Rede.

Aufgabe von Bündnis 90/Die Grünen muss es weiterhin sein, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen und einen Dialog zwischen Zivilgesellschaft, Sicherheitsbehörden, Wissenschaft und Politik zu ermöglichen sowie weitere Reformansätze zu diskutieren. Denn dieser Weg ist noch lange nicht zu Ende, der Weg der Konsequenzen und notwendiger struktureller Veränderungen. Es bedarf eines tiefgreifenden Strukturwandels. Echte Konsequenzen müssen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ankommen und einen Mentalitätswechsel in den Behörden anstoßen. Denn der Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, gegen Neonazis und Rechtspopulisten ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

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