„Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
es ist schon erstaunlich, dass der Regierende Bürgermeister heute nicht als Erster seinen Haushalt präsentiert. Dass er hier nicht vorneweg seine wichtigen Weichenstellungen und die politischen Schwerpunkte darlegt. Eigentlich steht heute der erste Doppelhaushalt einer neuen Regierung zur Beratung und Abstimmung. Zu dieser Haltung passt es, dass der Finanzsenator, der diesen Haushalt zu verantworten hat, sich erst zur später Stunde dem Parlament stellt. Man fragt sich schon, welch verkehrte Welt hier gespielt wird.
In keinem anderen Parlament weder im Bundestag noch in anderen Landtagen verhält es sich doch so, dass die Regierung, der Regierende Bürgermeister sich am Ende der Haushaltsdebatte als Kritiker der Opposition in die Bresche wirft. Wollen Sie damit verdecken, dass dies der Haushalt einer Regierung im Finden ist?
Wenn Sie darauf setzen, kann ich nur sagen: Dieses Spielchen machen wir nicht mit! Bislang ist dieser Haushalt ein Verschiebebahnhof ungelöster Probleme. Denn dieser Haushalt und diese lieblose Beratung lassen tatsächlich die Weichenstellungen, die am Anfang einer Legislaturperiode gestellt werden, die zentralen Projekte einer neuen Regierung vermissen.
Wann endlich werden Sie handlungsfähig, fragt sich nicht nur die Opposition! Anfangs war bei Ihnen ja nur der Wurm drin, doch anstatt sich zu berappeln, geraten Sie nur noch stärker auf die Rutschbahn. Angefangen hat es mit Personalquerelen und dem Abgang des Justizsenators Braun wegen der Schrottimmobilien-Frage.
Sie haben einen gefälschten Grafen in Ihren Reihen und einen SPD Fraktionsvorsitzenden, der sich vor allem im Strippenziehen in der eigenen Partei gefällt. Der Stadtentwicklungssenator ist soeben als Folge dieser Strippenzieherei vom Parteivorsitz abgewählt worden. Wohl ein einmaliger Vorgang, dass ein amtierendes Regierungsmitglied von seiner eigenen Partei dermaßen in die Wüste geschickt wird. Welchen Rückhalt haben Sie eigentlich noch für Ihre Politik, Herr Müller?
Der Finanzsenator geriert sich wie auf dem Fischmarkt in Wladiwostok und trickst beim Haushalt. Erst nach der Klageandrohung durch die Opposition ist ihm die eigene Koalition in den Arm gefallen und hat das Rumtricksen beendet. In der Folge ist die Nußbaumsche 0,3 Prozent Ausgabenlinie geplatzt wie ein zu heftig aufgeblasener Luftballon.
Der Innensenator kämpft mit undichten Stellen bei der Polizei oder gar im eigenen Haus – ich will mir nicht ausmalen, zu welchem Getöse der Oppositionspolitiker Henkel angesetzt hätte, wenn diese Panne anderen passiert wäre.
Und nicht zuletzt einen Regierenden Bürgermeister, der den wichtigsten Termin des Jahres (O-Ton Wowereit!) verpatzt, nämlich seine Flughafeneröffnung. Und seit Wochen entweder nicht willens oder schlichtweg nicht in der Lage ist, dem Parlament und der Öffentlichkeit mitzuteilen, wie schlimm der Bauverzug in Schönefeld ist, ob Mutmaßungen zutreffen, dass auch der 17. März als Eröffnungstermin nicht zu halten sein wird, weil auf der Baustelle schlichtweg so vieles im Argen liegt, dass man schon längst den Überblick verloren hat. Wie ist der Stand der Dinge in Schönefeld, ist der 17. März ein verlässlicher Termin, Herr Wowereit? Wie kann es denn sein, dass Sie zwar bis heute in den meisten Fragen den Flughafen betreffend nicht auskunftsfähig sind, Sie aber nach der Verschiebung binnen neun Tagen in der Lage waren, einen neuen Termin festzusetzen? Oder ist der 17. März wieder ein politisch gesetzter Termin, der keine Rücksicht auf die Wirklichkeit nimmt?
Zumal die Flughafengesellschaft diesen Termin aufs Neue gefährdet, indem sie auf eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses in Sachen Schallschutz drängt und den diesbezüglichen Antrag beim Ministerium gestellt hat? Die Flughafengesellschaft will den Lärmschutz am Tag deutlich einschränken, vermutlich um Lärmschutzmaßnahmen in dreistelliger Millionenhöhe zu sparen. Wir fordern Sie heute auf, diesen unsinnigen Weg nicht weiter zu gehen! Hören Sie auf, den Planfeststellungsbeschluss erneut in Frage zu stellen, machen Sie diese Frage nicht wieder auf. Ansonsten kommen wieder neue Klagen, die den Eröffnungstermin im März dramatisch gefährden! Gönnen Sie den Menschen den notwendigen Schallschutz und gefährden Sie nicht weiter den Eröffnungstermin!
Denn jetzt schon schiessen die Kosten in die Höhe und auch hier ist der regierende Bürgermeister bislang nicht willens oder nicht in der Lage konkrete Zahlen zur finanziellen Schieflage der Flughafengesellschaft beizubringen. Im Hauptausschuss hieß es, man sei „an der Kante“, was laut der Süddeutschen Zeitung kaum was anderes heißt, als „kurz vor der Pleite“. Trifft es denn zu, dass aufgrund der ständigen Umplanungen und Umbauten am Flughafen der Finanzierungsrahmen mehr als überdehnt wurde? Dass sich nahezu jede Vergabesumme verdoppelt hat, wie es das Handelsblatt kürzlich schrieb?
Wann war Ihnen eigentlich klar, dass Sie nicht im gleichen Kosten- und Zeitplan wie ursprünglich geplant, einen nahezu doppelt so großen Flughafen bauen können?
Nächste Woche tagt der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft und wir erwarten, dass spätestens dort konkrete Zahlen auf dem Tisch liegen. Wie weit ist der Kreditrahmen ausgeschöpft und das Eigenkapital aufgezehrt? Die zentrale Frage lautet doch: Wie viel Geld wird noch für die Fertigstellung des Flughafens benötigt und kann die Flughafengesellschaft dies noch aufbringen? Man hört ja inzwischen, dass die Bautätigkeit heruntergefahren wird auf der Baustelle, trifft dies zu und wenn ja, was bedeutet das?
Wir erwarten zur Aufsichtsratssitzung am 22. Juni mindestens auf diese zentrale Frage eine Antwort: wie ist die Liquidität der Flughafengesellschaft und in welcher Höhe wird frisches Geld gebraucht um den Flughafen fertigzustellen? Jenseits aller anderen Kostenfragen wie Schadensersatz, die aktuell noch immer nicht zu beziffern sind, muss DIESE Frage nächste Woche geklärt sein. Wenn Sie das nicht leisten können, haben Sie den Überblick über dieses Bauvorhaben verloren!
Was auch immer nächste Woche passiert. Meine Damen und Herren von SPD und CDU, Sie werden heute einen Haushalt beschließen, der jetzt schon Makulatur ist, weil er das größte Risiko, nämlich die finanzielle Schieflage des Flughafens und die daraus entstehenden Folgekosten nicht ansatzweise berücksichtigt.
Wir erleben eine ausgelaugte SPD, in der Wowereits Götterdämmerung eingesetzt hat. Eine SPD, die sich in internen Machtkämpfen zerfrisst und kaum noch in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen.
Sie gerieren sich als die Retter der Bezirke mit den zusätzlichen 50 Millionen, die Sie heute einbringen. Was sind Sie aber für Retter, wenn Sie gleichzeitig den Bezirken einen brutalen Personalabbau auferlegen? Wir fordern Sie dringend auf, wenigstens Ihrem eigenen Koalitionsvertrag zu folgen.
Der rot-rote Haushaltsentwurf sah nämlich eine zweiprozentige Personalkürzung in den Hauptverwaltungen und den Bezirken vor. Das haben Sie, meine Damen und Herren von SPD und CDU, korrigiert. Diesen heftigen Hieb haben Sie mit Ihrem Koalitionsvertrag auf 1,3 Prozent abgemildert für Haupt- und Bezirksverwaltungen gleichermaßen. Doch jetzt gehen Sie daher und lassen diese Verbesserung allein für die Hauptverwaltung gelten. Den Bezirken laden Sie dagegen weiter diesen massiven Personalabbau auf! Was für eine Ungleichbehandlung!
Das kann doch nicht sein, dass in den Bezirken, wo die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbracht werden, die Schlangen immer länger werden, die Öffnungszeiten immer kürzer, weil dramatischer Personalmangel herrscht. Zudem durch die demographische Entwicklung die Personalsituation auch dort immer dramatischer wird. Meine Fraktion wendet sich strikt dagegen, dass die Bezirke wieder einmal die Hauptlast des Personalabbaus trafen sollen. Überdenken Sie Ihre Haltung, denken Sie an Ihren eigenen Koalitionsvertrag und folgen Sie unserem Antrag 70 Millionen mehr in den nächsten beiden Jahren für die Bezirke bereitzustellen!
Herr Finanzsenator, Ihre Tricks sind aufgeflogen! Ich bedanke mich bei der Koalition, dass sie zu guter Letzt diesem Finanzsenator doch noch in den Arm gefallen ist und keinen verfassungswidrigen Haushalt riskieren wollte.
Ihre strenge Ausgabenlinie war nur Trickserei, Herr Finanzsenator. Jetzt liegen die richtigen zahlen auf dem Tisch und diese zeigen, dass Sie die vielbeschworenen 0,3 Prozent Ausgabenwachstum bei weitem nicht halten können. 0,3 Prozent Ausgabensteigerungen hatte der Berliner Haushalt im Jahr 2006 und damals waren Sie weit weg von diesem Haushalt.“
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