Meine Rede im Plenum am 10.05.: “ Wowereit verpatzt sein zentrales Projekt – Peinliche Posse um Willy-Brandt“

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Wowereit,
mit Ihrer Regierungserklärung haben Sie kaum eine der Fragen beantwortet, die sich alle stellen. Da hätte ich mehr Antworten und weniger Hybris erwartet, angesichts dieser Blamage, die Sie uns allen eingebrockt haben. Ich möchte festhalten, dass wir uns in einer Sache hier alle einig sein und zwar fraktionsübergreifend: Unsere Stadt braucht einen leistungsstarken, internationalen Flughafen – der Berlin mit der Welt verbindet. So steht es im grünen Wahlprogramm und sicherlich nicht nur dort.

Einig sind wir uns sicherlich auch alle darin, dass vorgestern kein guter Tag für Berlin gewesen ist. Die halbe Welt lacht über Berlin, über diese Blamage und das haben die Menschen in unserer Stadt nicht verdient, meine Damen und Herren, denn sie können am allerwenigsten dafür! „Berlin verstehen“ hieß es im Wowereitschen Wahlkampf, nach einem halben Jahr Regierungswirklichkeit ist davon ein trauriges „Berlin blamieren“ übriggeblieben.

Wie konnte es soweit kommen, dass Berlin zum Gespött der halben Welt geworden ist? Und wer trägt dafür die Verantwortung? Dass nun die Eröffnung des Flughafens erneut verschoben werden muss – unerhört kurzfristig verschoben werden muss – ist bislang der vorläufige Höhepunkt in der Berliner Flughafengeschichte voller Fehlentscheidungen, Falschplanungen und Tricksereien.

Und man sollte kritische Nachfragen, wie meine Fraktion sie seit Jahren wohl nicht zu Unrecht stellt, nicht damit verwechseln, dass für das stattgefundene Missmanagement und den Dilettantismus wahrlich andere verantwortlich sind! Wir haben bei den Planungen des BER, den Tricksereien um die Flugrouten und dem Nachtruheschutz immer wieder kritisch daran erinnert, dass es Aufgabe der Politik ist, für einen Ausgleich der Interessen zu sorgen.

Für einen bestmöglichen Lärm- und Gesundheitsschutz der Menschen vor Ort zu sorgen. Anders ist Akzeptanz nicht zu schaffen und bis heute haben Sie dies nicht hinbekommen!

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Aufsichtsratsvorsitzender,
Sie gefährden den Erfolg des BER und die Akzeptanz in der Bevölkerung seit Jahren durch Tricksereien und Missmanagement. Hören Sie auf, Ihre Fehler anderen in die Schuhe zu schieben! Nicht WIR machen das wichtigste Infrastrukturprojekt Berlins schlecht – hier sitzen andere, die es schlecht machen! Aber ja, WIR kritisieren das Management und die dilettantische Steuerung des Flughafenprojekts – und das wird ja wohl erlaubt sein, ist sogar ein Muss! Die Flughafenbremser sind in dieser Stadt wahrlich andere!

Geschichte wiederholt sich: Kurz nachdem Sie groß Richtfest gefeiert haben, ergaben sich im Juni 2010 aus heiterem Himmel Verzögerungen, die den Eröffnungstermin Oktober 2011 platzen ließen. Damals taten Sie auch so, als ob Sie als Letzter davon erfahren hätten. Und der Kollege Schruoffeneger fragte damals schon; Zitat „Haben Sie noch Vertrauen in eine Geschäftsführung, die Sie augenscheinlich so ins Messer laufen lässt?“

Das Spielchen ist nicht neu, der Regierende wusste damals angeblich genauso wenig über die Probleme des Flughafens Bescheid wie heute. Wie er später auch über die jahrelangen Tricksereien und Vertuschungen rund um die neuen Flugrouten nichts gewusst haben will.

So wenig Interesse haben Sie für den Flughafen? Dass Sie immer wieder entscheidende Entwicklungen einfach nicht mitbekommen? Was sind Sie eigentlich für ein Aufsichtsratschef, Herr Wowereit? Wie kann es sein, dass ausgerechnet Klaus Wowereit, der uns Grünen Infrastruktur- und Planungsfeindlichkeit vorgehalten hat, nun das größte Infrastrukturprojekt der Republik in den Sand setzt? Denn auch jetzt wollen Sie nichts gewusst haben. Am 4. April wurde ein Antrag auf Sondergenehmigung beim Brandschutz gestellt. Sie wollten Brandschutztüren und Sprinkleranlagen von Hand betätigen, weil es anders nicht ging.

Verstehe ich richtig, der modernste, größte, tollste Flughafen Europas sollte in zentralen Sicherheitsbereichen von Hand bedient werden?? Das kann doch nicht Ihr Ernst gewesen sein! Das sieht nach nackter Verzweiflung aus!

Am 20. April tagte der Aufsichtsrat. Und dort wurde dieses Riesenproblem nicht besprochen? Sind Sie nicht alles durchgegangen, so kurz vor der Eröffnung? Wollten Sie vielleicht gar nichts von den Problemen wissen, Herr Wowereit und haben den Kopf in den Sand gesteckt? Oder haben Sie sich an der Nase herumführen lassen? Dabei haben Sie noch im Juli 2010 von Ihrem engen Kontakt zur Flughafengesellschaft berichtet. Zitat aus der Roten Nummer 2095 C

Die ganze Stadt fragt sich: Welche Verantwortung trägt Klaus Wowereit?

– der BER zu seinem wichtigsten Projekt gemacht hat,
– der Chef des Aufsichtsrats ist
– der bereits eine erhebliche Zeitverschiebung zu verantworten hat und damit mehr als vorgewarnt war
– Was ist es denn nun? Vogel Strauss-Methode oder Zocker-Politik, die alle Controllingberichte übergeht? Oder gar beides?

Die Berlinerinnen und Berliner wollen Antworten und sie müssen sich auf das Wort des Regierenden Bürgermeisters verlassen können!

Sehr geehrter Herr Wowereit,
das System Wowereit ist gescheitert. Sie erklären Themen mit großem Aplomb zur Chefsache, die Kleinarbeit wird anderen überlassen und wenn es am Ende schief geht, sind die anderen Schuld. Der Regierende wollte per Autopilot an Ziel kommen, jetzt kommt die Bruchlandung.

Diesmal geht diese Rechnung nicht auf. Alle sind sich einig: die Chefsache „Flughafen“ ist verbockt. Vielleicht sollten Sie es lassen, die Chefsachen lassen und auch das Chef-SEIN lassen. Ich sage ganz deutlich: Es kann nicht sein, dass am Ende niemand verantwortlich gewesen sein will. Der Imageschaden für Berlin ist riesig und die Folgekosten unabsehbar.

Der lückenlosen Aufklärung können Sie sich nicht verweigern, und wir werden unsere parlamentarischen Möglichkeiten einzusetzen wissen. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen!

Dabei ist es spätestens seit Mitte 2010 bekannt, dass der Flughafen riesige Probleme im Innenausbau hatte. Nach der Verschiebung des ersten Eröffnungstermins konnte es Ihnen, Herr Wowereit nicht schnell genug gehen. Sie höchstpersönlich haben massiv auf die Tube gedrückt. Sie haben Zeitdruck gemacht, Sie haben teure Beschleunigungsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Denn Sie haben den Flughafen zu Ihrem Wahlkampfthema und zum zentralen Regierungsprojekt hochgejubelt.

Sie, Herr Wowereit, haben die Eröffnung des Flughafens zum wichtigsten Symboltag Ihrer Regierung erklärt, zum unumstößlichen Termin gemacht –
Und diese Überhöhung eines Ereignisses fällt Ihnen und uns allen auf die Füße! Schlimmer noch, Sie haben bewusst die entstehenden Risiken in Kauf genommen, nur um Ihren politisch gesetzten Eröffnungstermin halten zu können.

Am 16. Juni 2010 haben Sie im Hauptausschuss gesagt, ich zitiere aus dem Wortprotokoll: „Das führt aber nicht dazu, dass ich mir soviel Luft lasse, dass ich auf jeden Fall auf der sicheren Seite bin, denn das nützt dem Projekt überhaupt nichts. Ohne Termindruck kommen Sie in dem Projekt nicht weiter. Insofern gehe ich auch weiterhin dieses Risiko ein.“

Herr Wowereit, in einem haben Sie Recht; die Sicherheit der Menschen geht vor. Doch ist angesichts Ihrer soeben zitierten Haltung kann ich es Ihnen nicht recht glauben, dass Sie sich heute zum obersten Sicherheitsbewahrer aufspielen.

Sie haben damals offen gesagt, dass Sie keine Zeitpuffer wollen, dass Sie nicht solange warten wollen, bis man auf der sicheren Seite ist! Sicherheit war Ihnen damals nicht viel wert! Und heute wohl auch nicht, sonst hätten Sie im Aufsichtsrat ja wohl nach den Sicherheitssystemen gefragt!

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, Sie sind mit Ihrem Zeitdruck zum Sicherheitsrisiko für den Flughafen geworden! Herr Wowereit, im Juni 2010 haben Sie etwas Entscheidendes gesagt, was ich heute vermisst habe. Sie haben gesagt „Ich gehe dieses Risiko ein“ Damit haben Sie die Verantwortung dafür übernommen, wenn es schief geht. Nun ist es schiefgegangen und Sie sollten zu Ihrer Verantwortung stehen!

Und wenn wir jetzt über die Folgen diskutieren, sollten Sie nicht den gleichen Fehler wiederholen. Auch jetzt machen Sie wieder Zeitdruck, dass der Flughafen im August eröffnet werden muss und sind darüber in einen handfesten Streit mit den Fluggesellschaften geraten. Alle wissen, dass Umzüge dieser Art am besten zu den jeweiligen Flugplanwechseln Sommer wie Winter zu machen sind. Deswegen war erst Oktober 2011 geplant und nun Juni 2012.

Nutzen Sie die Zeit, die Sicherheitssysteme einwandfrei zum Laufen zu bringen, nehmen Sie sich selber ernst, wenn Sie heute sagen „Sicherheit geht vor“.
Nutzen Sie die Zeit, den bisher verschwindend geringen Schallschutz für die Betroffenen vernünftig auszubauen. Doch der Imageschaden, die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen sind exorbitant.

Welche Schadenersatzforderungen sind zu erwarten? Was geschieht mit den Beschäftigten an den Flughäfen, welche Bedingungen haben diese zu erwarten? Welcher Schaden entsteht der Berliner Wirtschaft – vom Busunternehmen, der die Linie nach Schönefeld aussetzen muss, doch dafür Busse gekauft hat – bis zum Einzelhandel, Gastronomie und Hotelgewerbe am Flughafen? Wer wird die Folgekosten tragen, da wir davon ausgehen müssen, dass die Flughafengesellschaft ihr Budget bereits gesprengt hat. Muss wieder der Steuerzahler für Missmanagement teuer zahlen?

Klären Sie uns auf, Herr Wowereit. Müssen die Berlinerinnen und Berliner zum Spott auch noch die Kosten Ihrer Pleite tragen?

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