Zwei Jahre S-Bahnchaos sind genug! Wowereit und die S-Bahn können es nicht!

Meine Rede im Plenum am 13.01.2010: „Sehr geehrter Präsident,
meine Damen und Herren,

ein, zwei Wochen lang lief bei der S-Bahn fast nichts mehr. Für einige Tage wurden sogar ganze Bezirke wie Wartenberg, Henningsdorf und Spandau komplett abgehängt. Das gab es republikweit noch nie! Jetzt fährt die S-Bahn wieder Notfahrplan, nicht mehr. Und macht den Eindruck, man sollte als Fahrgast dafür auch noch dankbar sein. Als S-Bahn-Kundin kann ich nur sagen: Meine Monatskarte ist nicht einmal mehr die Hälfte wert. Aber von Entschädigung der Kunden will die S-Bahn nichts wissen, das ist beschämend! Was haben wir die letzten Wochen für eine Posse erlebt? Der Senat schiebt die Probleme auf die Bahn und wäscht seine Hände in Unschuld. Die Bahn schiebt die Probleme auf den Hersteller, dieser spielt den Ball zurück an die Bahn.

Die organisierte Verantwortungslosigkeit der letzten Wochen haben die Berlinerinnen und Berliner satt. Die Folge ist Politikverdrossenheit. Schlimmer noch, das Vertrauen schwindet, dass Politik die Probleme der Menschen lösen kann.

Dabei wollen sie nur eines:

Einen verlässlichen öffentlichen Nahverkehr für die Stadt, der uns alle täglich zur Arbeit, zur Schule, zu Freunden und Verwandten und sonstigen Terminen bringt.

Die S-Bahn war das Rückgrat des ÖPNV in Berlin, inzwischen ist ihr Image bundesweit schwer angeschlagen. Und das zu recht. Gerne gibt sich die Bahn als Global Player im Logistikgeschäft, aber versagt seit zwei Jahren jämmerlich in der Organisation des Nahverkehrs in der deutschen Hauptstadt.

Berlin ist zum Gespött der Republik geworden, Herr Wowereit weil der S-Bahn-Verkehr in der Hauptstadt für Wochen zum Stillstand kommt und der Berliner Senat hilflos jammernd daneben steht.

Der Regierende Bürgermeister weilte im Urlaub, während wir alle frierend auf den Bahnsteigen standen. Oder auf den kaum geräumten Straßen ausrutschten. Urlaub sei jedem gegönnt, Herr Wowereit. Doch vorher muss man seine Arbeit erledigen!

Im Oktober noch versicherte die S-Bahn, sie sei bestens für den Winter gerüstet. Haben Sie sich davon persönlich überzeugt, Herr Wowereit? Wann genau haben Sie eigentlich erfahren, dass die S-Bahn auch in diesem Winter fast vollständig versagen würde? Und was haben Sie unternommen?

Offensichtlich haben Sie gar nichts unternommen und sind schulterzuckend in den Urlaub gefahren. Sollte doch die Verkehrssenatorin hier allein Rede und Antwort stehen.

Auch in diesem Winter war nichts davon zu merken, dass die Lösung der S-Bahn-Krise zur Chefsache ausgerufen wurde. Herr Wowereit, Sie lassen die Berlinerinnen und Berliner mit der maroden S-Bahn seit zwei Jahren alleine! Hören Sie endlich auf, die S-Bahn-Krise auszusitzen – Berlin braucht einen Krisenmanager und keinen Aussitzer!

Natürlich sind wir uns in der Analyse einig: Was wir hier erleben, sind die Folgen der gescheiterten Unternehmenspolitik von Mehdorn, die Bahn zu einem weltweit agierenden Logistikkonzern zu machen.

Dabei wurde das Brot-und-Butter-Geschäft, die heimische Bahn an den Rand gedrängt. Unsere S-Bahn sollte noch mehr Gewinn abliefern, um den Expansionskurs der Bahn mitzufinanzieren.

Mit diesem Expansionskurs wurde die Bahn über Jahre von sozialdemokratischen Verkehrsministern von Klimmt, über Bodewig bis Tiefensee und ihrem Bahnchef Mehdorn heruntergewirtschaftet.

Auch wenn der Börsengang der Bahn aufgrund der Finanzkrise auf Eis liegt, der Expansionskurs, für den die Bahn so dringend Geld braucht, wird weitergetrieben. Und die Leidtragenden sind neben den Fahrgästen besonders die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der S-Bahn.

Keine Frage, die Bahn und ihre verfehlte Unternehmenspolitik trägt den Löwenanteil der Verantwortung an dem Desaster der Berliner S-Bahn.

Aber man muss feststellen, dass nur in Berlin ein solch dramatisches Versagen stattfindet. In München, in Hamburg fährt die S-Bahn geräuschlos. Und im Fernverkehr hat sich die Lage auch schnell wieder entspannt.

Nur wir in Berlin müssen seit zwei Jahren den Ausnahmezustand ertragen. Herr Grube hat die Katze aus dem Sack gelassen, eine Besserung ist auf lange Zeit nicht in Sicht

Warum funktioniert die S-Bahn in anderen Städten, nur in Berlin nicht? Die Antwort lautet: Weil der rot-rote Berliner Senat sich seit Jahren von der Bahn an der Nase herumführen lässt.

Rot-Rot hat 2002 den S-Bahn-Vertrag im vollen Wissen um die renditeorientierte Unternehmenspolitik, die sie selber jetzt am lautesten kritisieren, unterschrieben. Warum wird dieser Vertrag der Öffentlichkeit vorenthalten? Haben Sie etwa Sorge, dass sonst alle sehen könnten, wie schlecht dieser rot-rote S-Bahn-Vertrag für Berlin ist?

Sie wussten doch damals schon, dass das Werkstattpersonal von 800 auf 200 zusammengestrichen werden soll! Und trotzdem wurde die Wartungsfrage im Vertrag nicht geregelt. Hatten Sie denn keine Sorgen, dass die Wartung nicht mehr funktionieren würde? Warum haben Sie nicht nachgehakt, Frau Junge-Reyer?

Sie haben dann im Jahr 2008 die Chance vertan, eine Strecke auszuschreiben, und damit der Bahn mittels Konkurrenz etwas abzuverlangen. Weil man sich von der Bahn eine Anbindung des Flughafens Schönefeld versprechen ließ. Ein klassischer Kuhhandel: Rot-Rot hält den Wettbewerb von der Bahn fern und dafür erhofft man sich eine ordentliche Anbindung des Flughafens.

Aber auch hier hat sich Frau Junge-Reyer von der Bahn über den Tisch ziehen lassen. Denn auf eine gute Erreichbarkeit Schönefelds mit der S-Bahn können wir alle noch sehr lange warten! Glaube und Hoffnung – so verfährt der Senat in Sachen S-Bahn.

So sieht die Chronologie Ihrer leeren Worte aus, Herr Wowereit.

13.07.2009; Landespressestelle: Grube und Wowereit sehen Neuanfang,
11.09.2009; BerlZ; Zitat Wowereit: Letzte Chance für die S-Bahn,
13.01.2010; Bild-Zeitung; Zitat Wowereit: „Wir können uns nicht mehr mit unverbindlichen Erklärungen vertrösten lassen“,
13.01.2010; TSP: S-Bahn-Chaos wird jetzt Chefsache.

Und dann passierte ein Jahr lang nichts… Bis Anfang diesen Jahres die nächste Meldung vom „Chef“ kam: 07.01.2011;, dapd-Meldung; Zitat Wowereit: „Daher müssen wir darauf vertrauen, dass die S-Bahn ihre Probleme endlich in den Griff bekommt“

Das Prinzip Hoffnung hilft den Berlinerinnen und Berlinern aber herzlich wenig, wenn die S-Bahn nicht fährt. Und sie wird auf lange Sicht, hier hat sich Herr Grube endlich mal ehrlich gemacht, auf lange Sicht keinen vernünftigen Betrieb organisieren.

Und wenn man sich die aktuellen Meldungen anschaut, dass die Bahn Milliarden in neue Züge investieren will, kommt Berlin und die Anschaffung neuer S-Bahn-Züge für die Hauptstadt darin nicht vor.

Wieder einmal konnte weder Frau Junge-Reyer noch der Regierende Bürger-meister bei der Bahn etwas für die Stadt erreichen. Die Bahn investiert und Berlin bekommt davon nichts ab, weil der Senat sich nicht durchsetzen kann. Kein Wunder, dass über 80 Prozent der Berlinerinnen und Berliner mit Ihrem Umgang mit der S-Bahn-Krise unzufrieden sind!

Frau Junge-Reyer, in der Krise agieren Sie hilflos. Und ja, Sie haben die richtige Idee für die Zukunft der S-Bahn. Sie wollen sich nicht länger auf Gedeih und Verderb an die Bahn binden. Sie wollen einen neuen Betreiber suchen. Aber die eigene Fraktion verweigert Ihnen hier die Gefolgschaft. So werden Sie, Frau Junge-Reyer, die S-Bahn-Krise nicht lösen können. Eigentlich müssten Sie ihren Platz längst geräumt haben!

Wir werden Ihnen nicht durchgehen lassen, dass Sie die S-Bahn-Krise bis zur Wahl im Herbst aussitzen. Die Berlinerinnen und Berliner erwarten, dass der Senat endlich die Zügel in die Hand nimmt:

· Wir brauchen jetzt Entschädigungen für die Kunden, das gebietet der Anstand,

· Warum treffen Sie sich nicht mit anderen Anbietern – damit diese Nothilfe leisten. Viel zu lange hat sich Rot-Rot alleine auf die Bahn verlassen – und war verlassen,

· Kaufen Sie von dem einbehaltenen Geld von der S-Bahn bei anderen Anbietern Zug- und Busleistungen ein.

Berlin muss in Zukunft die Verantwortung übernehmen für die Züge. Wir müs-sen heraus aus der Abhängigkeit von der Bahn. Deswegen muss jetzt die Anschaffung neuer Züge und die Ausschreibung der Leistung vorbereitet werden.

Von der Bahn kann man nichts mehr erwarten, Herr Henkel und Frau Junge-Reyer. Wir dürfen uns nicht länger von der Bahn erpressen lassen. Sie hat zu Genüge gezeigt, dass sie kein Interesse an einem zuverlässigen S-Bahn-Betrieb in Berlin hat. Weder heute, noch in Zukunft.

Dazu sagen wir: Wer uns Berliner nicht will, der hat uns auch nicht verdient!“

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