Ramona Pop: „Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
In den letzten Wochen haben sich die Meldungen gehäuft über Persönlichkeiten, sei es aus Kultur oder der städtischen Wirtschaft, die in Berlin keine Perspektive mehr für sich und ihr Schaffen sehen. Offensichtlich schwappen die Streitereien der Regierung, der Regierungskoalition, auf andere Bereiche des öffentlichen Lebens über – sehr zum Schaden für unsere Stadt. Gut kann man das nicht finden.
Vieles davon kam wahrlich nicht über Nacht, vieles davon hat eine Vorgeschichte und ist überhaupt kein Zufall. Offensichtlich geraten inzwischen auch die Landesunternehmen zwischen die unübersichtlichen Fronten der rot-schwarzen Streitereien und Machtkämpfe.
Wo könnte man das besser sehen als in der Liegenschaftspolitik? Vor Jahren bereits hat das Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen, dass eine neue Liegenschaftspolitik, die sich nicht allein am Verkaufswert von Grundstücken bemessen soll, auf den Weg gebracht werden soll. Doch die Koalitionsfraktionen und der Senat waren bislang nicht in der Lage, sich zu einigen, wie das genau ausgestaltet werden soll. Der Finanzsenator signalisierte erst mal Offenheit für eine neue Liegenschaftspolitik. Als allerdings der Chef des Liegenschaftsfonds auch dementsprechend handelte, wurde er vom Finanzsenator öffentlich zurechtgewiesen und zurückgepfiffen.
Ähnlich in der Sache Holzmarktstraße: Der Finanzsenator zeigte mit dem Finger auf die BSR, der das Grundstück ja gehörte, und sagte, diese müsse handeln. Ohne eine gesetzliche Grundlage allerdings, die Sie nicht geschaffen haben, oder zumindest eine Anweisung des Eigentümers, also des Finanzsenators, konnte die BSR aber gar nicht handeln. Wieder wurde ein Landesunternehmen durch Ihre Machtstreitereien öffentlich im Regen stehengelassen. Der Zoff um die Ausrichtung der Liegenschaftspolitik steigerte sich dermaßen, dass die Koalitionsfraktionen irgendwann alle Liegenschaftsverkäufe auf Eis legten. Nun kündigt der Chef des Liegenschaftsfonds seinen Rückzug an. Kein Wunder! – kann man dazu nur sagen. Nach all dem Gezerre hat die Koalition es tatsächlich geschafft, dass nicht einmal der Chef des Liegenschaftsfonds weiß, wie das Land Berlin seine Liegenschaftspolitik eigentlich gestalten will.
Ähnlich auch in der Kulturpolitik: Vladimir Malakhov wurde 2002 als Weltstar nach Berlin geholt und hat auch tatsächlich Großes geleistet in der Zusammenführung der Ensembles. Als Dank dafür wurde ihm zuerst das Tanzen verboten und eine Weiterführung seiner Arbeit nach Gutsherrenmanier beendet. Wie er der Onlineausgabe der Zeitung „Die Welt“ sagte – ich zitiere –:
„Und plötzlich kam der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz und sagte, er will mich nur noch, wenn ich nicht mehr tanze.
Irgendwann wollte er dann gar nicht mehr. Über diese Art des Umgangs bin ich schockiert.“
Sie amüsieren sich darüber Herr, Schneider! Ebenfalls keine Perspektive mehr für sich und ihre Arbeit sieht Sasha Waltz hier in der Stadt. Kultursenator Klaus Wowereit gibt der international erfolgreichen zeitgenössischen Choreografin und ihrer Tanzcompagnie weder einen Platz in Berlin, nicht mal mehr einen Gesprächstermin hatte er für sie noch übrig. Angeblich sei kein Geld da. Das kann wirklich nur noch wie Hohn klingen angesichts der Summen, die für Lieblingsprojekte oder unternehmerisches Versagen – immer häufiger fällt das ja zusammen beim Regierenden Bürgermeister – in dieser Stadt ausgegeben werden. Dazu sagte Peter Raue im „Tagesspiegel“:
„Es kommt nicht darauf an, ob Sie ein Fan des Tanzes … sind. Der Kultursenator muss nur erkennen (und … sollte danach handeln), welch eminente kulturelle Bedeutung die Truppe von Sasha Waltz für Berlin hat.“
Recht hat er, genau so ist das! Hier geht es wahrlich nicht darum, wen Sie mögen und wen nicht. Ihr Umgang mit denjenigen, die was für unsere Stadt schaffen, ist schwer erträglich. Sie sind angehalten, zum Wohle der Stadt zu handeln und nicht nach persönlichen Sympathien bzw. sich von persönlichen Abneigungen leiten zu lassen. Es drängt sich fast der Verdacht auf, dass dieser Senat Menschen mit Profil fürchtet, wahrscheinlich weil er selber so profillos ist.
Und die Geschichte geht ja weiter, an anderer Stelle. Man überwirft sich mit Leuten, gegen die es objektiv erst mal „nix zu meckern“ gibt – sagt man in Berlin. Wie im letzten Fall, der Wellen schlug: dem Rücktritt von Joachim Bovelet von der Spitze von Vivantes. Und er ist ja nicht alleine gegangen, bei Vivantes wurde in der letzten Zeit der gesamte Vorstand ausgetauscht. Warum eigentlich, fragt man sich. Vivantes wurde in den letzten Jahren – genauso wie die Charité – von den Vorständen aus den roten Zahlen geholt. Es ist wahrlich ein Verdienst dieser Vorstände, dass beide Krankenhauskonzerne, was ja nicht gerade häufig ist in der Republik, inzwischen schwarze Zahlen schreiben. Doch der Finanzsenator geht mit diesen Vorständen um wie mit den subalternen Filialleitern irgendwelcher Fischbrathallen – oder auch Currywurstbuden von mir aus.
Die verdienten Manager verzweifeln inzwischen an der Planlosigkeit und Konzeptionslosigkeit der Politik. Auch hier hat man das Gefühl, dass jahrelanges Gezerre um Krankenhausinvestitionen, die Geschichte um das Benjamin-Franklin, die noch nicht ausgestanden ist usw., hier wieder belastend sind. Die Fragen der Krankenhausinvestitionen sind noch offen, die haben Sie ja auf Ihrer Senatsklausur nicht gelöst – wie viele andere Fragen auch nicht. Es drängt sich schon der Verdacht auf, dass diejenigen, die was geleistet haben und nun berechtigt Forderungen erheben könnten, jetzt bitte bloß nicht mehr zugegen sein sollen und keine Forderungen mehr stellen sollen. So also hat man Rot-Schwarz zu verstehen: Die roten Zahlen sitzen im roten Rathaus, und diejenigen, die schwarze Zahlen schreiben, müssen gehen.
Heute noch feiern wir steigende Touristenzahlen. Damit unsere Stadt aber auch in Zukunft attraktiv bleibt, braucht es eine andere Politik und einen anderen Umgang mit denjenigen, die hier in der Stadt auch was leisten!“
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