BER: Wowereit und Schwarz keine 444 Millionen Euro nachtragen

Rede von Ramona Pop in der Plenarsitzung am 08.11.2012: „Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Friederici,
lesen Sie gelegentlich mal Zeitung?, fragt man sich nach diesem Beitrag. Gleich mehrere negative Topmeldungen über Berlin haben in den letzten Tagen bundesweit wieder für Kopfschütteln gesorgt. Dieser Senat hat es tatsächlich mal wieder geschafft, täglich neue Nachrichten von unerhörten Pannen und politischem Unvermögen zu produzieren. Dabei meine ich nicht nur den Flughafen, über den wir heute mit dem Nachtragshaushalt zu entscheiden haben werden, damit meine ich genauso die ungeheuerlichen Vorgänge um das Schreddern von Rechtsextremismusakten beim Berliner Verfassungsschutz. Noch im Juni dieses Jahres wurde der Aktenschredder angeworfen, zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits seit Monaten die gesamte Republik angesichts der Verbrechen der NSU-Mordserie entsetzt den Atem an-hielt. Und nun wird treuherzig versichert, es sei – mal wieder – eine Panne gewesen. Und man fragt sich schon: An wie viele Zufälle sollen wir eigentlich hier noch glauben?

Auch am Pariser Platz harren seit Wochen Flüchtlinge im Hungerstreik am Brandenburger Tor aus. Selten habe ich ein so billiges politisches Schauspiel gesehen wie das von Mittes Bezirksbürgermeister Hanke, der den Leuten ohne jedes Mitgefühl härteste Auflagen durchsetzen ließ und Decken, Isomatten und Schirme selbst bei miesestem Wetter wegnahm, um sich dann aber im zweiten Akt als Retter zu inszenieren. Das ist tatsächlich Schmierenkomödie – und das inmitten unserer Stadt.Und dann kommt diese Koalition und will zu später Stunde möglichst unauffällig einen millionenschweren Nachtragshaushalt beschließen, der vor allem aufgrund der Flughafenpleite notwendig geworden ist.

1,2 Milliarden Euro insgesamt, davon 444 Millionen soll der Berliner Steuerzahler für das Versagen von Rainer Schwarz und Klaus Wowereit nun zahlen. 444 Millionen, die an anderer Stelle in unserer Stadt durchaus gebraucht würden. Mit diesem Geld könnte man das ICC sanieren, man könnte den Sanierungsstau auf den Berliner Straßen beheben, Herr Friederici, oder die zusätzlichen 200 Polizisten 56 Jahre lang bezahlen.

Stattdessen sollen wir heute hier als Parlament für das unternehmerische Versagen von Wowereit und Co. einfach so einen Blankoscheck ausstellen. – Ja, unternehmerisches Versagen ist es tatsächlich gewesen. Kommen Sie nicht mit der Geschichte, der Flughafen sei doch faktisch schlüsselfertig bis auf die Brandschutzanlage.

Wofür brauchen Sie eigentlich dann noch 1,2 Milliarden Euro zusätzlich, frage ich mich. Nach allem, was Sie hier geliefert haben in den letzten Monaten, alle Vorwarnun-gen, die im März noch von Ihren Beratungsgesellschaften kamen, in den Wind geschlagen haben, in Ihrem Tunnel zum Schluss noch glaubten, die Mensch-Maschine-Schnittstelle wird es schon noch richten – nach all dem haben Sie die Chuzpe, hier anzukommen und einfach beim Parlament die Hand aufzuhalten. Sie liefern zur Begründung von immerhin 444 Millionen und zur Finanzierung Ihres Debakels einen läppischen Schmierzettel ab – selten so was gesehen –: Keine einzige Frage wird von Ihnen beantwortet. Wann erreicht der Flughafen seine schwarze Null, fragt man sich. – Die langfristige Planung steht –, ist Ihre Antwort. Wie ist der Stand des EU-Beihilfeverfahrens? – Läuft, ist Ihre Antwort. Reichen die 322 Millionen Euro Risikovorsorge für die Schadenersatzforderungen, die nicht nur Air Berlin einklagen wird? – Kein Thema, sagt der Senatssprecher in der Zeitung. Wie nannte es die Süddeutsche Zeitung völlig zu Recht? – Das ist die Rückkehr in die mentale Wagenburg –, und genauso ist es wieder.
Wir haben es in den ganzen letzten Monaten erlebt: Nichts sagen, Probleme totschweigen, Durchhalteparolen ausgeben. So ist das Debakel am BER zustande gekom-men. Genauso machen Sie von Schwarz bis Wowereit untergehakt weiter.
Wir wollen diesen Flughafen skandalfrei und ohne weitere Risiken fertigstellen. Doch für diejenigen in Aufsichts-rat und Geschäftsführung, die dieses Desaster veranstaltet haben, darf es aus unserer Sicht keinen weiteren Cent mehr Steuergeld zu verschwenden und ohne jegliche Bedingung geben. Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, stellen Sie diesen gleichen Leuten heute bedingungslos eine Wanne voller Geld hin und sagen achselzuckend: Macht doch einfach weiter so! – Wo bleibt eigentlich Ihr Selbstbewusstsein als Abgeordnete? Wo bleibt Ihre Verantwortung für die Zukunft und für den Berliner Haushalt?“

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