Von wegen familienfreundlich! Nach zehn Jahren Rot-Rot fehlen Tausende Kita-Plätze in Berlin

Meine Rede in der Aktuellen Stunde am 03.03.11. „Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Ende Januar traf sich die SPD-Fraktion zur Klausur in Dresden. Dort wurde über das Thema Familie diskutiert und man hat vor allem sich selbst über den grünen Klee gelobt. Angesichts der Situation an Kitas und Schulen, kann man nur sagen, klingt der Selbstlob der SPD wie Hohn! Angesichts tausender fehlender Kita-Plätze riecht Ihr Selbstlob ziemlich streng! Seit Jahren ignorieren Sie alle Warnungen und Hilferufe aus den Bezirken, dass ein eklatanter Kitaplatzmangel droht. Seit Jahren erfreuen wir uns an steigenden Kinderzahlen – doch den Handlungsbedarf haben Sie nicht sehen wollen.

Noch im letzten Jahr wurde meine Frage nach Wartelisten in den Kitas, die es gibt, das wissen doch alle! Wurde alles von Ihnen geleugnet, Herr Zöllner!
Die vielen Briefe, die insbesondere die Jugendstadträtin aus Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, immer wieder geschrieben hat. Wurde alles abgetan. Noch vor einigen Tagen wurde im Tagesspiegel abgewiegelt…

Jetzt können Sie aber den Kopf nicht mehr in den Sand stecken! Tausende Eltern suchen gerade in den Innenstadtbezirken verzweifelt einen Kita-Platz. Eine Modellrechnung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes spricht sogar von 15.000 fehlenden Plätzen im nächsten Jahr. Der Dachverband der Kinder- und Schülerläden bezeichnet bereits einige Bezirken als „Notstandsgebiete“ was Kita-Plätze angeht.

Eine gute Kinderbetreuung ist doch das A und O einer familienfreundlichen Stadt! Und Familienfreundlichkeit ist ein wichtiger Standortfaktor – setzen Sie das nicht aufs Spiel! Frauen, die wieder in den Beruf einsteigen wollen, können dies nicht. Sieht so Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt für Rot-Rot aus? Besonders absurd das Beispiel einer Erzieherin, die einen Vollzeitjob bekommen könnte – denn bei Erzieherinnen herrscht inzwischen ein Fachkräftemangel. Doch diese Erzieherin kann nicht wieder arbeiten, weil sie für ihr Kind keinen Betreuungsplatz findet. Das ist doch an Absurdität kaum zu überbieten!

Da hilft es den Eltern überhaupt nicht, wenn sie in schickem Layout Wahlkampfbriefe des Regierenden Bürgermeisters bekommen, in denen die Abschaffung der Kita-Gebühren gefeiert wird. Diese Eltern hätten nämlich gerne einen Kita-Platz und zwar einen guten Kita-Platz für ihre Kinder!

Von der eigentlich guten Idee, dass Eltern mit dem Kita-Gutschein Kitas nach ihrer Qualität auswählen sollen und die Träger im Wettbewerb um gute Bildungsqualität stehen, kann doch gar nicht mehr die Rede sein. Man kann schon froh sein, wenn man überhaupt einen Platz bekommt.

Anstatt an einer guten Platzausstattung und guter Bildungsqualität zu arbeiten, dachten Sie von Rot-Rot die Kita-Politik hätte sich mit der Abschaffung der Gebühren erledigt.

Doch der erhoffte Wahlkampfschlager Beitragsfreiheit löst nur noch Kopfschütteln aus: Wenn tausende Kita-Plätze fehlen, händeringend Erzieherinnen gesucht werden und die Bezirke keine Möglichkeit haben, Räume für Kinderbetreuung zu organisieren!

Unsere Initiative für eine neue Liegenschaftspolitik, dass Bezirke nicht alle Kita- und Schulgebäude, die im Moment nicht gebraucht werden, an den Liegenschaftsfonds abgegeben müssen, sondern, dass Bezirke Kita-Gebäude auf Zuwachs behalten dürfen. Diese Initiative haben Sie nach langer Diskussion halbherzig übernommen, passiert ist bisher nichts!

Ab dem Jahr 2013 gilt ein Rechtsanspruch für die Betreuung unter Dreijähriger, darauf scheint Berlin gar nicht vorbereitet zu sein! Vielleicht haben Sie sich bereits vom Regieren verabschiedet, Herr Zöllner! So geht es aber nicht. Das Problem der fehlenden Kita-Plätze werden Sie nicht bis zur Wahl aussitzen können und es der nächsten Regierung vor die Füße kippen.

Sie müssen jetzt mit einem Notprogramm für die Bezirke reagieren. Schnellstens müssen jetzt Kita-Gebäude aus dem Liegenschaftsfonds rückübertragen werden, dass bislang aber die Hälfte aller Rückübertragungsbegehren abgelehnt werden, oder die Dauer bei mehr als einem Jahr liegt – das kann nicht sein!

Sie haben viel zu lange nicht wahrhaben wollen, dass der Mangel an Kita-Plätzen zu einem ein immer größeren Problem wird. Wenn Sie im Sommer nicht plakatieren wollen: Sei Schwanger, Sei auf Kitaplatz-Suche, Sei Berlin machen Sie sich jetzt schleunigst an die Arbeit und legen das Notprogramm für die Bezirke und die freien Träger endlich vor.

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