25 Jahre Großdemo am Alexanderplatz – Lesung mit Marianne Birthler in Mitte

DSC_2085 Gut besucht war die Lesung und Diskussion mit Marianne Birthler, ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, in der Galerie „weisser elefant“ in der Auguststraße. Auf Einladung von Ramona Pop stellte sie ihre Autobiografie „Halbes Land. Ganzes Land. Ganzes Leben“ einem interessierten Publikum vor.

Marianne Birthler war eine der Akteurinnen der DDR-Freiheitsrevolution von 1989. Ihre Haltung führte sie schon Anfang der achtziger Jahre in die Opposition gegen den SED-Staat, sie engagierte sich aktiv für Freiheit, Menschenrechte und Umweltschutz. Zusammen mit anderen Oppositionellen organisierte sie Versammlungen in Kirchen und Konzerte verbotener Musiker.

Die Erinnerungen an die legendäre Großdemonstration auf dem Alexanderplatz am 4.November 1989 bestimmten den ersten Teil des Abends. Marianne Birthler sprach damals als Vertreterin der DDR-Opposition vor einer halben Million Menschen. Es war jene offiziell genehmigte Demonstration, die erstmalig nicht vom DDR-Machtapparat, sondern vom Volk ausgerichtet wurde. Sie gilt heute als Meilenstein der friedlichen Revolution in der DDR. 5 Tage später fiel die Mauer.

Eindrucksvoll beschrieb sie, welche Kraft von der Demo am 04. November 1989 ausging. Tausende Menschen ohne Angst demonstrierten für freie Wahlen, Meinungsfreiheit und weitreichende Reformen. Selbst gebastelte Transparente mit mutigen und oft auch witzigen Texten unterstrichen ihre Forderungen. In diesem Moment war Marianne Birthler klar, dass es von nun an keinen Weg mehr zurück in die SED-Diktatur geben wird.

DSC_2072Angenehm unprätentiös erzählte sie in der Lesung und im Gespräch mit Ramona Pop dem Publikum von ihren doppelten Erfahrungen des Lebens in der DDR und im wiedervereinten Deutschland und von ihrem Streben nach politischer und persönlicher Freiheit. Sie berichtete von ihrer Arbeit als Abgeordnete und spätere Bildungsministerin in Brandenburg, ihren schon damals starken Engagement für die Aktenöffnung und Gründung einer Stasi-Unterlagen-Behörde.

Das Publikum warf im Anschluss an die Lesung noch einige Fragen auf und diskutierte beispielsweise, welche Auswirkungen die friedliche Revolution in der DDR für nachkommende Generationen haben kann. Aber auch aktuell-politische Themen wurden angesprochen. Marianne Birthler sagte, dass sie die jetzige Diskussion um den Begriff Unrechtsstaat nicht nachvollziehen kann. Ein Staat, dessen Existenz schon auf Unrecht und auf der Verletzung von Menschenrechten beruhte, der allein festlegte, was falsch und richtig war, der das eigene Volk einmauerte und Menschen, die vor ihm flüchten wollten, erschoss, nur um die SED-Macht zu erhalten – dies ist ein Unrechtsstaat nach allen denkbaren Definitionen.

Ramona Pop dankte Marianne Birthler herzlich für den spannenden Abend und ihren ganz persönlichen Einblicken zur jüngeren deutsch-deutschen Geschichte.

 

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