Berliner Zeitung, 09.12.13, Artikel von Regina Zylka. Grüne und Linke wollen nicht, dass Wowereit den Flughafen-Aufsichtsrat wieder leitet. Das Kontrollgremium tagt am Freitag.
Am Freitag treffen sich mal wieder die Oberaufseher der Flughafengesellschaft und wie jedes Jahr um diese Zeit ist eine längere Klausurtagung angesetzt. Sie wird, davon gehen alle aus, bis spät in die Nacht dauern. Nur: Worüber wollen die Beteiligten eigentlich den ganzen Tag sprechen? Denn glaubt man Hinweisen aus Aufsichtsratskreisen, sind die Kernfragen immer noch nicht entscheidungsreif. Wer einen neuen Eröffnungstermin für den Großflughafen in Schönefeld oder Klarheit über den endgültigen Finanzbedarf des Projekts erwartet, dürfte also enttäuscht werden.
Das Wichtigste, was bei der Sitzung herauskommen könnte, ist womöglich eine Personalie. In den vergangenen Tagen verdichteten sich Spekulationen, wonach der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit wieder zum Vorsitzenden des BER-Kontrollgremiums gewählt werden soll. Wowereit hatte diesen Job Anfang des Jahres an seinen damaligen brandenburgischen Amtskollegen Matthias Platzeck abgegeben, nachdem ein geplanter Eröffnungstermin zum wiederholten Mal geplatzt war. Platzecks Nachfolger Dietmar Woidke (alle SPD) wollte den Job des Chefaufsehers nicht übernehmen, weshalb Wowereit den Aufsichtsrat zurzeit kommissarisch leitet.
Ob Wowereit eine Wiederwahl anstrebt oder sich zumindest nicht dagegen sträuben würde, ist bislang offen. Er selber vermittelte in den letzten Tagen eher einen ablehnenden Eindruck. Ein klares Nein war aber nicht von ihm zu hören, was die Opposition in Berlin hellhörig werden ließ. Vorsorglich machen Grüne und Linke nun klar, dass sie einen solchen Schritt für falsch hielten.
Erneut ein „riesiges Politikum“?
„Der Rücktritt vom Rücktritt wäre ein Treppenwitz“, kritisiert Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop auf Nachfrage. Der Aufsichtsrat verpasse die Chance für einen Neuanfang, wenn er auf die Ernennung externer Fachleute verzichte und Wowereit erneut zum Vorsitzenden mache. Pop sagt zudem voraus, dass der BER dann wieder zu einem „riesigen Politikum“ wird. Die Debatte werde sich erneut auf die Person Wowereit und seine Verantwortung an dem Desaster konzentrieren. Öffentlicher Druck sei jedoch alles andere als hilfreich. Um den Bau endlich fertigstellen zu können, meint die Grünen-Fraktionschefin, benötige die Flughafengesellschaft vor allem eines: Ruhe.
Jutta Matuschek von den Linken sieht das ähnlich, deshalb lehnt auch sie eine Rückkehr von Wowereit an die Spitze des Kontrollgremiums ab. Ihre Argumente klingen noch deutlich ablehnender als die der Grünen. Wowereit habe als Aufsichtsratschef jahrelang nicht gemerkt, dass bei dem Projekt grundsätzlich etwas schieflaufe. „Warum sollte das jetzt anders sein“, sagt die Verkehrsexpertin, die auch Mitglied im BER-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses ist. Zugleich verweist Matuschek auf den „Skandal nach dem Skandal“. Auch nach der geplatzten Eröffnung 2012 seien unter Wowereit als Aufsichtsratschef gravierende Fehler gemacht worden seien, sagt sie. Der habe zudem in Personalfragen „kein glückliches Händchen“ bewiesen und zu lange an dem umstrittenen Flughafenchef Rainer Schwarz festgehalten.
„Einer muss es machen“, entgegnet der Abgeordnete Ole Kreins, der für die SPD im BER-Untersuchungsausschuss sitzt. Da Brandenburgs Ministerpräsident Woidke den Posten für sich ablehne und der Bund als Minderheitsgesellschafter nicht infrage komme, sei dies die beste Lösung. „Wowereit hat sich vor Verantwortung nie gedrückt. Um das Projekt fertigzustellen, ist er der Richtige“, sagt Kreins. Dass Wowereit Fehler gemacht habe, „konnte bisher niemand im Untersuchungsausschuss nachweisen“, widerspricht er Matuschek.
Kreins vermutet jedoch, dass bei der Aufsichtsratsklausur am Freitag noch keine Entscheidung getroffen wird. Brandenburg habe das Vorschlagsrecht und werde wohl abwarten wollen, bis die neue Bundesregierung im Amt ist, sagt er. Problematisch findet er das nicht.
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